Standardisierte Naturprodukte
Zu viel oder zu wenig Sonne, kaum Regen oder ständig Schauer, zahlreiche Fröste oder laue Nächte: Schon allein das Wetter hält eine Vielzahl an Unwägbarkeiten bereit, die sich im Anbau auf die Heilpflanzen und deren Inhaltsstoffe auswirken. Man muss also davon ausgehen, dass die Inhaltsstoffe natürlichen Schwankungen unterliegen. Doch wie erreicht man dann bei einem Naturprodukt eine gleichbleibende Wirkung? Hier kommt die ganzheitliche Standardisierung zum Zug, ein wesentliches Qualitätsprinzip der Phytotherapeutika bei A.Vogel.
Optimierung von Anfang an
Bereits beim Ausgangsmaterial, der Pflanze beginnt die Standardisierung – in Form eigenen Saatgutes (soweit möglich) und biologischen Anbaus. Auch über die Wahl eines während vieler Jahre bestimmten, optimalen Erntezeitpunktes kann eine gewisse Konstanz der Inhaltsstoffkonzentrationen erreicht werden. Standardisiert wird bei A.Vogel übrigens immer der Gesamtextrakt der Pflanze.
Die Standardisierung ist ein aufwendiger Vorgang, der bei jeder Pflanzenart verschieden ausfallen kann. Grundlage dabei sind Messungen mittels modernster Labormethoden. Sind die für die Wirksamkeit mitverantwortlichen Inhaltsstoffe noch nicht oder nicht ausreichend bekannt, orientiert man sich zur Beurteilung der pharmazeutischen Qualität an den für die Pflanze typischen Inhaltsstoffen, den sogenannten Leitsubstanzen (= chemisch definierte, analytisch gut erfassbare Inhaltsstoffe von Frischpflanzen. Im Idealfall leisten diese Substanzen für sich alleine einen Wirkbeitrag. Häufiger jedoch sind sie lediglich typische Inhaltsstoffe der jeweiligen Pflanze. Ihre Bedeutung im Qualitätsmanagement liegt darin, dass sie als Massstab für eine dauerhaft gleichbleibende Qualität dienen können).
Die Standardisierung ist die Basis eines reproduzierbaren Herstellungsprozesses, der für den Qualitätsnachweis eines Extraktes auch von den Zulassungsbehörden gefordert wird.
Schwankungen gezielt nivellieren
Ein sehr wichtiges, am Produktionsstandort in Roggwil TG über Jahrzehnte erprobtes und immer wieder justiertes Instrument sind die Mischchargen, also das Mischen verschiedener Tinktur- oder Extraktchargen zu homogenen Grosschargen (z.B. Mischen von Einzelchargen zu Jahreschargen). Damit lassen sich Inhaltsstoffschwankungen sehr effektiv «glätten».
Wie geht das vor sich? In der Abteilung Qualitätskontrolle der A.Vogel AG werden alle Pflanzenlieferungen (Chargen) analysiert und nach vorgegebenen Anforderungen (Spezifikationen) beschrieben. Diese Spezifikationen ergeben sich aus den Analyseresultaten verschiedener Leitsubstanzen, die über mehrere Jahre erhoben wurden. Aber auch aus den sogenannten chemischen Fingerabdrücken. Dies sind analytische Verfahren, die eine Visualisierung eines grösseren Inhaltsstoffspektrums ermöglichen, meist im entweder wasser- oder fettlöslichen Bereich. Sie erlauben eine Charakterisierung der Pflanzen über ihr äusseres Erscheinungsbild hinaus.
Die einzelnen, genau bezeichneten Chargen, also die Extrakte aus den frisch geernteten Heilpflanzen, werden in grossen Tanklagern aufbewahrt. Schwankungen zwischen den einzelnen Chargen nivelliert man durch gezieltes Mischen – die Extrakte werden somit standardisiert. Mischt man folglich einen Extrakt mit einem recht hohen Anteil einer Leitsubstanz und einen Extrakt, der einen niedrigen Anteil dieser Leitsubstanz aufweist, erhält man einen bestimmten Mittelwert. Dieser soll sich innerhalb definierter Grenzen bewegen. Dieses «ideale» Mischungsverhältnis muss sich auf alle definierten Leitsubstanzen erstrecken.
Bevorzugt wird in der Regel ein Mix der Gesamtmenge aller verfügbaren Chargen der Vegetationsperiode eines Jahres. Doch mitunter ist es praktikabler, weniger Chargen zu nutzen, da die Gesamtmenge möglicherweise nicht den intern gesetzten Standardisierungskriterien entspricht. Oder Tinkturmischungen werden bereits benötigt, noch ehe die Jahresernte vollständig eingebracht ist.
Qualität über Jahrzehnte fassbar machen
Galt lange Zeit das Credo, ausschliesslich Jahresmischungen herzustellen, so ist es mittlerweile Praxis bei A.Vogel, auch zwei Jahresmischungen pro Vegetationsperiode zu produzieren, eine Pharma und eine Non-Pharma. Das hängt unter anderem mit den unterschiedlichen Qualitätsanforderungen respektive Vorschriften seitens der Behörden zusammen, erklärt Gabriela Rohr, Leiterin Qualitätsmanagement. «Wir probieren nun einen neuen Ansatz, mit dem wir – ausgehend von unserer grossen Erfahrung mit den Jahresmischungen – die Qualität unser Produkte über die Jahrzehnte fassbar machen können. Wir möchten so etwas wie einen Goldstandard definieren», betont sie. «Wir möchten dazu kommen, eine fixierte Bandbreite jenseits der bereits behördlich genehmigten Spezifikationen für Leitsubstanzen und ggf. weitere relevante Kriterien, die A. Vogel besonders wichtig sind, zu definieren. Diese internen Standardisierungsvorgaben sollen über grosse Zeiträume gleich bleiben und so eine unveränderte und gleichbleibende Wirksamkeit der A.Vogel Produkte auch für die Zukunft garantieren», erläutert Gabriela Rohr.
Vorratstanks in der neuen, topmodernen Produktionsanlage am Standort Roggwil/TG.
«Unser Eindruck ist, dass uns dieses Standardisierungskonzept auch angesichts der klimatischen Veränderungen hilft, die immer deutlicher spürbar werden. Echinacea purpurea beispielsweise ist teilweise wesentlich trockener, das zeigen auch unsere Analysedaten», blickt die Leiterin Qualitätsmanagement kritisch in die Zukunft.