Rund 2 Millionen Menschen sind in der Schweiz von Rheuma betroffen; in Deutschland sind es 17 Millionen. Mindestens 200 000 bis 290 000 Personen in Österreich leiden an einer entzündlichen rheumatischen Erkrankung. Entzündungshemmende Schmerzmittel (NSAR) sind wirksam, können aber bei hohen Dosierungen und/oder Langzeitbehandlung zu ernsthaften Nebenwirkungen führen.
Dr. Andreas Thueler, Chefarzt am Kantonsspital Baden, Fachbereich Rheumatologie, betont im Interview mit den «Gesundheits-Nachrichten», dass "viele häufig eingesetzte schulmedizinische Medikamente wie z.B. die entzündungshemmenden Schmerzmittel (NSAR) [...] nicht die Medikamente mit den geringsten Nebenwirkungen" bei älteren Patienten sind. Z.B. treten Probleme im Magen-Darm-Bereich, eine Erhöhung des Herzinfarktrisikos sowie Wechselwirkungen mit Aspirin bei Herzpatienten auf.
Thueler beschreibt auch das Dilemma, dass es im Bereich der degenerativen Erkrankungen zwar wirksame aber "nur sehr wenige schulmedizinische Medikamente wie Schmerzmedikamente und einige Chondroprotektiva (Knorpelschutz-Medikamente)" gibt, die eingesetzt werden können. Demgegenüber betont er, dass es im Bereich der Pflanzenmedizin ein "grosses Spektrum an Möglichkeiten" gibt, die bis heute wahrscheinlich kaum richtig ausgenutzt worden sind.
Paracetamol wird bei leichten Kopf-, Zahn- und Regelschmerzen, Sonnenbrand sowie arthrosebedingten Gelenkschmerzen eingesetzt. Eine aktuelle Studie mit über einer halben Million Patientinnen und Patienten aus Grossbritannien hat die Sicherheit von Paracetamol bei Personen ab 65 Jahren umfassend untersucht und neu bewertet. Bislang ging man davon aus, dass der Wirkstoff in therapeutischer Dosierung gut verträglich ist. Die Ergebnisse zeigen aber, dass der Wirkstoff mit einem erhöhten Risiko ernsthafter Nebenwirkungen einhergeht. Je häufiger Paracetamol verordnet wurde, desto stärker stieg das Risiko insbesondere für gastrointestinale Komplikationen und chronische Nierenerkrankungen an. Die Mediziner fordern, Paracetamol nicht länger routinemässig als Mittel der ersten Wahl bei chronischen Schmerzzuständen wie Arthrose zu empfehlen. Die klinische Praxis sollte pflanzliche und nichtmedikamentöse Alternativen sowie eine individuelle Abwägung für oder gegen den Einsatz von Paracetamol berücksichtigen.
Das Schmerzmittel Ibuprofen kann zu einer Deformation roter Blutkörperchen führen. Zu diesem Schluss kommen Forscher der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa. Rote Blutkörperchen sind napfförmige, wenige Mikrometer kleine Zellen (Erythrozyten), die das für den Sauerstoff- und Kohlendioxidtransport wichtige Hämoglobin enthalten. Ibuprofen stört die Membranlipide und zieht die Zellmembran auseinander, wodurch sich die Blutzelle kugelförmig zusammenzieht und spitze Ausläufer, sogenannte Stechapfelzellen (Echinozyten) bildet. Diese entstehen auch, wenn Blutkonserven falsch gelagert werden, Blut in Kontakt mit bestimmten Arzneimitteln kommt oder Leberschäden und Lebererkrankungen vorliegen. Bei niedrigen Ibuprofen-Dosen ist dieser Vorgang noch umkehrbar. Bei Dosierungen von mehr als 800 Milligramm Ibuprofen auf einmal bleiben die Zellen deformiert. Die Stechapfelzellen können Engstellen schlechter passieren und auch weniger Sauerstoff transportieren, ergaben In-vitro-Studien.
Ein Team um Hanbiao Chen von der University of South Australia fand heraus, dass Schmerzmittel wie Ibuprofen, Paracetamol, Diclofenac und Tramadol die Bildung von Resistenzen des Darmkeims Escherichia coli gegenüber dem Breitband-Antibiotikum Ciprofloxacin fördern. Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler den Effekt von neun verschiedenen gängigen Arzneimitteln sowie dem Blutdruckmittel Furosemid, dem Diabetesmittel Metformin, einem Cholesterinsenker sowie weiteren gängigen Arzneimittel auf den Keim untersucht.
Das Ergebnis: Wurde das Antibiotikum zusammen mit Ibuprofen oder Paracetamol verbreicht, wuchsen die Bakterien unvermindert weiter. Interessant war auch, dass das Bakterium nicht nur gegen Breitband-Antibiotikum, sondern auch gegen andere Antibiotika resistent waren. Noch deutlicher fiel dieser Effekt aus, wenn diese Schmerzmittel zusammen oder in Kombination mit anderen Arzneimitteln zu den Bakterienkulturen gegeben wurden. Für die Kombination von Ibuprofen und Diclofenac ergab sich beispielsweise eine 64-fache Erhöhung der Resistenz.
Schmerzmittel erhöhen die Mutationsrate von Escherichia coli deutlich, was zu einer Überreaktion von in den Zellwänden sitzenden Efflux-Pumpen führt, welche Antibiotika-Moleküle schnell aus der Bakterienzelle befördern.