Geht es um die Wechseljahre, denken viele nur an Hitzewallungen und Schweissausbrüche. Dass auch Muskelschmerzen in dieser Lebensphase gehäuft auftreten, ist nur wenigen bekannt. Doch wissen Frauen um die Zusammenhänge, können sie selbst sehr viel gegen die Beschwerden tun.
Autorin: Annette Willaredt
Morgens nach dem Aufstehen fühlen Sie sich wie zerschlagen, obwohl Sie am Tag davor gar nichts Besonderes gemacht haben? So geht es vielen Frauen in den Wechseljahren. Muskelschmerzen sind in dieser Lebensphase sehr weit verbreitet. Weil das nur wenige wissen, denken die Betroffenen meist: „Das ist halt das Alter". Doch einfach hinnehmen muss diese Beschwerden keine. Zuerst ist es immer ratsam, eine Ärztin aufzusuchen, damit sie klären kann, ob eventuell eine Erkrankung dahintersteckt. In Frage kommen z.B. Rheuma oder eine Fibromyalgie. Doch in vielen Fällen findet der Doktor nichts dergleichen. Dann liegt der Verdacht nahe, dass die Hormonumstellung der Auslöser ist.
Die Ursache für die gehäuft auftretenden Muskelschmerzen während der Wechseljahre ist noch nicht restlos geklärt, die Wissenschaft befasst sich mit dem Phänomen erst seit kurzer Zeit. Sicher ist: In den Wechseljahren sinkt der Spiegel des weiblichen Hormons Östrogen nach und nach ab. Die Substanz fördert aber die Durchblutung und die Aufnahme von Flüssigkeit ins Gewebe. Fehlt sie, sind die Muskeln deshalb weniger elastisch. Dazu werden Abbauprodukte, wie sie bei körperlicher Belastung entstehen, schlechter abtransportiert. Das kann zu Verhärtungen und Verklebungen führen. Ausserdem sind die Östrogene an der Freisetzung von Endorphinen beteiligt. Diese körpereigenen Botenstoffe können Schmerzen unterdrücken oder zumindest lindern. Forscher nehmen an, dass bei einem niedrigen Östrogenspiegel die Schmerzschwelle sinkt. Es tut schneller und stärker weh.
Schnelle Hilfe bei akuten Beschwerden bringen Einreibungen mit Franzbranntwein. Weil dieser die Haut austrocknet, sollte man sich danach gut eincremen. Sehr angenehm ist die Anwendung von Massageölen wie Arnikaöl, Mandelöl oder Jojobaöl. Ihnen kann man ein paar Tropfen ätherisches Öl hinzufügen, um den Effekt noch zu steigern. Entkrampfend und durchblutungsfördernd wirken z.B. Eukalyptus, Fichte, Kiefer, Rosmarin, Wacholder oder Zypresse. Man verwendet dazu 100 Milliliter Trägeröl (z.B. Mandel oder Jojoba) und gibt 15 bis 20 Tropfen des gewünschten ätherischen Öls dazu. Gut mischen und schon kann die Massage der schmerzenden Stellen beginnen. Wichtig dabei: Verwenden Sie immer ausschliesslich naturreine Öle. Die sind zwar etwas teurer, dafür sind in ihnen auch alle Pflanzenstoffe enthalten. Bei künstlichen Ölen beschränkt man sich meist nur auf die Duftstoffe.
Langfristig helfen ein paar weitere Massnahmen. Auch wenn es paradox klingt: Bewegung ist bei Muskelschmerzen die beste Medizin. Die Muskeln werden so besser durchblutet und gekräftigt. Ausserdem bleiben die Fasern geschmeidiger. Überfordern sollte man den Körper allerdings nicht. Ein Muskelkater ist nicht erstrebenswert. Gut tun sanfte Ausdauersportarten wie Nordic Walking, Radfahren, Schwimmen, Wandern, Tanzen oder Skilanglauf. Das Gute: Dabei schüttet der Körper Endorphine aus – besonders wichtig, weil in den Wechseljahren die Produktion aufgrund des Östrogenmangels ins Stocken kommt. Diese Hormone sorgen für positive Gefühle. Die wirken auf den ganzen Körper und helfen ihm, sich zu entspannen. Und sie können die Schmerzschwelle erhöhen.
Um die Muskeln und Bänder elastisch zu halten, ist auch eine tägliche kurze Gymnastikeinheit sehr zu empfehlen. Schon zehn Minuten jeden Morgen genügen. Unkompliziert sind z.B. Übungen mit einem Latexband (Thera-Band). Auch Yoga ist sehr effektiv. Hier ist es aber ratsam, sich in einem Kurs zuerst anleiten zu lassen, um dem Körper mit den falschen oder zu komplizierten Bewegungsabläufen nicht zu schaden. Wunderbar für den ganzen Organismus sind außerdem Aquajogging oder -gymnastik. Der Wasserwiderstand wirkt dabei wie eine leichte Massage.
Auch die Naturheilkunde hat einiges zu bieten. Arnica montana wirkt entzündungshemmend, abschwellend und schmerzlindernd. Die Inhaltsstoffe auf denen ihre Wirksamkeit grösstenteils beruht (Sesquiterpenlaktone) unterdrücken die Entzündung in einem frühen Stadium, indem sie innerlich toxische Effekte auslösen. Sie werden in der Phytotherapie ausschliesslich äusserlich als Tinktur, Salbe oder Gel verwendet. Auch Präparate mit pflanzlichen Hormonen wirken ausgleichend und lindern so die Muskelschmerzen zusätzlich.
Ein weiterer Punkt ist die Ernährung. Muskelschmerzen hängen nicht selten mit einer Übersäuerung des Gewebes zusammen. Darunter versteht die Naturheilkunde, dass im Körper das Gleichgewicht zwischen Säuren und Basen nicht stimmt. Bei dem ganz normalen Stoffwechselfallen regelmässig Säuren an. Viele entstehen z.B. durch den Genuss von tierischem Eiweiss aus Fleisch und Milchprodukten sowie von Getreideprodukten. Das gilt ebenfalls für Alkohol. Aber auch bei Stress fallen im Organismus vermehrt Säuren an. Zwar sind Mineralstoffe in der Lage, diese überschüssigen Säuren abzupuffern und sie so unschädlich zu machen. Doch nicht immer ist ihr Vorrat ausreichend. Beschwerden wie Muskelschmerzen, aber auch Kopfweh oder ständige Müdigkeit können dann die Folge sein.
Das Problem lässt sich am besten umgehen, wenn man auf eine vorwiegend basische Ernährung setzt. Das heisst: Ein Grossteil der täglich aufgenommenen Kalorien sollte aus frischem Obst, Gemüse und Salaten bestehen. Fleisch, Milch- und Getreideprodukte sind natürlich auch erlaubt, jedoch nur in kleinen Portionen.
Auch ein gutes Mineralwasser ist ein hervorragender Basenlieferant.
Das Schöne daran: Eine solche Ernährung ist nicht nur gesund, sie hilft auch, die lästigen Pölsterchen zu verhindern, die sich gerade in den Wechseljahren gerne auf die Hüften setzen.