Bereits bei Plinius und in Dioskurides’ «De Materia medica» wurde silybum als eine distelartige Arzneipflanze erwähnt. Der Name wird abgeleitet vom griechischen sílybon oder sílybos und bedeutet «Troddel» oder «Quaste».
Der Artname marianum stammt aus dem Lateinischen und nimmt Bezug auf eine Legende, nach der die weissen Flecken auf den Blättern von der Milch der heiligen Maria stammen, die auf die Blätter dieser Distelart träufelte, als sie auf der Flucht nach Ägypten ihr Kind nährte.
Die Mariendistel ist eine sehr alte Heilpflanze. Sie wird in wichtigen Arzneibüchern des Mittelalters, so im «Kreutterbuch» des Matthiolus von 1626, «gegen das Seitenstechen der Geelsucht» empfohlen, und im «Kreuterbuch» des Adam Lonitzer (= Lonicerus) von 1679 steht geschrieben, dass «sie gut sei zu der entzündeten Leber».
Die Mariendistel ist eine ein- bis zweijährige, bis 1,5 m hoch wachsende Pflanze.
Auffällig sind ihre glänzend grünen, weisslich marmorierten, buchtig gelappten und am Rande dornig gezähnten Blätter. Auf den endständig verzweigten Stängeln sitzen üppige Büschel von rotvioletten Röhrenblüten in kräftig zurückgebogenen, dornigen Hüllblättern.
Die hartschaligen, hell- bis dunkelbraunen, eiförmigen Früchte (= Achänen) tragen seidige, weisse, leicht abfallende Haarbüschel (= «Pappus», von gr. pappos = «grauhaariger Mann»).
Die Blütezeit ist von Juni–September.
Früher wurde die Mariendistel botanisch in die Familie der Kardengewächse, Gattung Carduus, eingeordnet. Die neuere botanische Systematik trennt sie ab. Die pharmazeutische Nomenklatur ist noch oft auf den alten Namen Carduus marianus ausgerichtet, was zu Verwirrungen führen kann.
Die Mariendistel stammt aus dem Mittelmeergebiet und ist von der Iberischen Halbinsel bis Südrussland, in Nordafrika und Kleinasien verbreitet.
Sie wurde in Nord- und Südamerika sowie in Südaustralien eingeschleppt. In Mitteleuropa kommt sie manchmal verwildert vor. Bevorzugte Lagen der Mariendistel sind sonnige, trockene Steinhänge, Wegränder, Schuttplätze und Viehweiden.
Medizinisch verwendet werden das Kraut sowie die getrockneten, vom Pappus befreiten Früchte der Mariendistel. Die Fruchtstände werden kurz vor der vollständigen Reife im August oder September geerntet und nachgereift, die Samen werden ausgedroschen.
A.Vogel stellt ein Alkoholmazerat aus den unzerkleinerten Früchten her. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass das in der Fruchtschale lokalisierte Silymarin extrahiert, das fette Öl der Früchte jedoch nicht herausgelöst wird. Nicht sehr gebräuchlich ist die Zubereitung eines Tees, der mindestens 10 Minuten ziehen muss, aus den ganzen Früchten. In Frankreich sind die jungen Blätter, die noch geschlossenen Blütenköpfe sowie die Pfahlwurzeln als delikates Gemüse sehr beliebt.